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Hello world!

Welcome to Blackblogs. This is your first post. Edit or delete it, then start blogging!

Ein kurzer Faktencheck zur G20-Berichterstattung

 

„An der Ecke Schulterblatt/Neuer Pferdemarkt wurde ein Molotov-Cocktail vom Dach geworfen.“ (Dudde belegte das mit Bilder einer Wärmebild-Kamera)

  • Der geworfene Gegenstand ist eher ein bengalisches Licht oder ein herkömmlicher Böller. https://twitter.com/hakling/status/884136876688510976
  • Das macht in sofern einen Unterschied, als dass ein Bengalo kein brennendes Heizöl und Benzin über etwas oder jemanden ergießt.

„Die Polizei hat die Welcome-to-Hell-Demo spontan wegen Vermummung gestoppt und aufgelöst.“

„Es gab keine Polizeigewalt beim G20 in Hamburg“, sagt Olaf Scholz.

„Die Rote Flora distanziert sich nicht von den Ereignissen in der Nacht vom 7.7.2017.“

 

Wer sind hier die Chaoten?

Der folgende Text kann nicht alle Geschehnisse, Aspekte und Sichtweisen zu Hamburg wiedergeben. Seht mir Ungenauigkeiten und eventuelle falsche zeitliche Einordnungen bitte nach.

Der folgende Text bezieht sich auf Tweets, Youtube-Videos, Medienberichte und Bilder. Dieser Text ist kein Erlebnisbericht.

Man muss sich schon verdutzt die Augen reiben, wenn sie nicht eh noch vom Pfefferspray und Tränengas brennen. Die Rauchschwaden über Hamburg sind verweht, die Schanze ist sauberer als zuvor. Was bleibt?

Ich möchte mich nicht in der Debatte um die Ereignisse in der Freitagnacht verlieren. Der Protest gegen den G20 war vielfältig und breit. Es gab künstlerische Aktionen wie die 1000 Gestalten, es gab eine bunte und riesige Demo am Samstag. Es gab zivilen Ungehorsam und es gab militante direkte Aktionen. Es gab aber auch Dinge die „aus dem Ruder gelaufen sind.“ Geschenkt.

Die Hamburger Polizei hat im Vorfeld massiv vor „gewaltbereiten Demonstranten“ gewarnt. Es kursierten Zahlen von 8.000 – 10.000. Darunter, so wusste Dudde zu berichten, angereiste aus dem europäischen Ausland. Um dem zu begegnen stellte Dudde 19.000 (!) Polizisten auf die Straße. Dudde ist bekannt für seinen eskalierenden Umgang mit Protest. Das Konzept trägt den Namen „Hamburger Linie“. Die Eskalation des Gipfels begann aber nicht am Freitagabend in der Schanze und auch nicht am Donnerstagnachmittag auf dem Fischmarkt, sondern bereits Tage vor dem Gipfel. Um die Anreise von gewalttätigen Demonstranten zu verhindern gab es bereits Tage vorher Krenzkontrollen an der belgischen und dänischen Grenze  – wie wir heute wissen hat die Polizei dabei zwar haugenweise Straftäter gefunden, aber keine bzw wenig im Bezug auf den G20-Gipfel. Im Vorfeld hatte der Ermittlungsausschuss anreisende Demonstranten aus dem Ausland gewarnt und auf das deutsche Versammlungsrecht hingewiesen. Eine fiktive dänische Bezugsgruppe musste davon ausgehen, dass sie an der Grenze wegen Schals, Taucherbrillen, Klarsichtfolien oder Campingbedarf kontrolliert werden würden. Einhergehend mit einer Kontrolle der Personalien und ggf. einer Speicherung dieser. Wollte diese Bezugsgruppe das nicht, so mussten sie über andere Wege als den Grenzposten an der Autobahn anreisen. Hier beginnt bereits eine Einschränkung und Behinderung. Der absurde Rechtsstreit der darauffolgenden Tage um das Campen ohne Schlafzelte ging bundesweit durch die Medien. Auch der Angriff auf das Camp Entenwerder bevor das BVerfG einen endgültigen Beschluss gefasst hatte.  Hamburger berichteten in den Tagen von einem massiven Aufgebot von Polizei an allen Ecken in der Stadt, von kreisenden Hubschraubern rund um die Uhr. Die Hamburger und ihre Polizei kennen auch bestimmte Rituale. Das Schanzenfest und den 1. Mai. Die Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten, Anwohnern und Polizei sind ritualisiert. Schanzenbewohner sprechen ironisch davon, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt die Polizei die Schanze mit ein paar Wasserwerfern „putzt“ und damit die Auseinandersetzungen beendet. Soweit der Blick auf die Hamburger Normalität und das was darüber hinausgeht. Das Bild was am Donnerstag noch in der Luft hing als sich die Welcome-to-hell-Demo sammelte war das eines provozierenden und eskalierenden Polizeiapparat.

Die Organisatoren hatten im Vorfeld ganz offen kommuniziert dass die Demo von einem großen „Schwarzen Block“ angeführt werden würde. Darauf konnte sich die Polizei einstellen. Die Bilder die von der Auftaktkundgebung durch die Medien gingen waren nicht die eines schwarzen Blocks, sondern von Reden und einem Konzert von unvermummten, nicht schwarz gekleideten Menschen. Es war also auch deutlich das der vorweglaufende schwarze Block nur ein Teil der Demonstranten war. Dennoch konnte die Demo nur wenige Meter gehen. In diversen Youtube-Videos ist dokumentiert wie der Anmelder mit dem Einsatzleiter der Polizei verhandelt. Dabei bezeichnet der Einsatzleiter die Vermummung als „massive Straftaten“.

Ein kleiner Exkurs eines Laien in Sachen Versammlungsrecht:

  • 17a des Versammlungsgesetz verbietet das tragen oder mitführen von Schutzbewaffnung. Dabei ist Schutzbewaffnung in etwa alles was Vollstreckungsmaßnahmen abwehren kann. Typische Gegenstände die darunter fallen sind Sturmhauben, Helme, Protektorenkleidung. In der Theorie können das auch Schals, Regenschirme, Taucherbrillen o.ä sein.

 

Dass es der Polizei nicht gefällt wenn sich Menschen vor Angriffen durch sie durch entsprechende Kleidung schützen und sich vor den Augen und Kameras der Beamten mit Hauben oder Schals verstecken ist ebenso klar. Insbesondere dann wenn aus einer solchen Gruppen regelmäßig (Gegen)Angriffe stattfinden.
Jetzt kommen wir zum absurd/amüsanten Teil. Ein schwarzgekleideter Block mit Tüchern und Hassis sieht bedrohlich aus martialisch aus. Dass ist auch durchaus Teil der Taktik.

Der § 17a trifft aber auch zu, wenn sich Menschen mit Perücken, angeklebten Bärten und Sonnenbrillen ausstatten.

Der § 17a trifft auch zu wenn Menschen Masken wie die zeitweise hippe Guy Fawke tragen.

Der § 17a trifft auch zu wenn Menschen Morph Suits tragen.

Die letzten drei genannten Beispiele sind wohl Dinge die wir alle als bunten Protest bezeichnen würden.

Das deutsche Grundgesetz, das höchste deutsche Recht sieht in § 8 vor:“ Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“

In Sachen  §17a ist es deswegen erst einmal Abwägungssache der eingesetzten Beamten ob die bei Vermummung einschreiten. Dazu kommt, das es wohl kaum verhältnismäßig ist, dass das Versammlungsrecht anderer eingeschränkt wird, obwohl sich ein Teil nicht an die Spielregeln hält.

Beim diesjährigen 1. Mai in Hannover gab es eine Aktion der Verdi-Jugend an der Bühne bei der die Akteure Morph-Suits trugen. Es wäre wohl kaum verhältnismäßig gewesen die Versammlung mit einem Wasserwerfer wegzuspühlen oder eine prügelnde Hundertschaft über das Gelände zu jagen um der „Straftäter“ habhaft zu werden.

Ende des Exkurs. Zurück nach Hamburg.

In den besagten Youtube-Videos ist auch zu hören wie vom vorderen Lautsprecherwagen die Aufforderung kommt die Vermummung abzulegen damit die Demo laufen kann. Ob der Aufforderung nachgekommen wurde kann ich nicht beurteilen. Was in den Videos zu sehen ist, ist dass die Polizei kurze Zeit später an der Seite und frontal massiv Kräfte zusammenzieht und schließlich mit  brutalster Gewalt in die Demo knüppelt und einen Teil des vorderen Blocks abtrennt. Hier sind fliegende Gegenstände zu sehen. Zu sehen ist auch, dass die Reihen sich davon nicht groß beeindrucken lassen und stehen bleiben. Als die Prügelorgie weitergeht bricht Panik aus. Leute versuchen panisch die Flutschutzmauer zu erklimmen, die Polizei knüppelt weiter und der Wasserwerfer schießt auf die flüchtenden Menschen. Danach kommt es zu heftigen Gegenangriffen auf die Polizeikräfte und den Wasserwerfer. Das ist eine Eskalation. Die besagten Videos sind unter „welcome to hell hamburg“ zu finden.

Im Anschluss, so sagen diverse Berichte, kommt es zu brennenden Autos und diversen Aktionen im ganzen Stadtgebiet und spontanen Demonstrationen. Das war vorhersehbar, denn genau das ist nach der Zerschlagung der Demo für die Rote Flora am 21.12.2013 ebenso passiert.

Dass die Demo nach der Prügelorgie auf dem Fischmarkt trotzdem noch bis zur Reeperbahn zog verkommt dabei zur Randnotiz.

Am Freitag Morgen dann gibt es in der Stadt und im Hafen die angekündigten Blockadeaktionen. Die Organisatoren hatten in ihrem Aktionsbild extra betont, dass die Polizei nicht ihr Gegner ist. Trotzdem kommt es zu heftigen Angriffen auf die Blockadefinger. Heftig insofern, als dass erfahrende Blockierer die geschehende Gewalt als „noch nie dagewesen“ und „völlig enthemmt“ beschreiben. Menschen die es kennen beim blockieren und Polizeiketten durchfließen gepfeffert und niedergeknüppelt zu werden. Am Nachmittag dann zieht eine spontane und unangemeldete Demonstration mit vielen tausend Menschen vom Millerntor in Richtung Landungsbrücken bis sie gestoppt wird. Es kommt auch hier zu einer Konfrontation, aber keiner großen. Ein Teil der Demo schafft es bis zum Bumwall. Dort kommt sie vor der hochgezogenen Zugbrücke der „Elphi“ zum stehen. Im Anschluss ziehen sich viele Menschen ins Schanzenviertel zurück. Dort kommt es dann wie in den Tagen zuvor zum üblichen Ritual. Doch diesmal fehlt der polizeiliche „Putztrupp“ – und das über Stunden. Im so entstandenen Freiraum werden Barrikaden errichtet und angezündet, kommt es zu Angriffen auf Akteure der Gentrifizierung und kapitalistischer Symbole. In diesem Freiraum werden REWE, der Apple Reseller und Budnikowski geplündert. Über Stunden ist keine Polizei zu sehen. Die Flammen der Barrikaden lodern teilweise meterhoch. Erst nach Einbruch der Dunkelheit greift die Polizei an. – Jetzt im nachhinein begründen sie das mit Personen die am Eingang Schulterblatt einen Molli geworfen hätten – samt dürftigem Videobeweis. Herr Dudde kennt Hamburg. Viele andere Menschen auch. Die Schanze, das Schulterblatt ist nicht vom Pferdemarkt erreichbar. Gegen Mitternacht dann rücken Spezialeinheiten, Räumpanzer und Wasserwerfer vor und starten die Putzaktion deluxe.

Die Ereignisse des Freitagabend sind deswegen nicht so einfach als Krawallexzess zu beurteilen.

Rick, Du vernachlässigst schon wieder Deinen Blog

„Rick, Du vernachlässigst schon wieder Deinen Blog.“

Ja, aber…

Einerseits habe ich gerade einfach wenig was ich erzählen könnte und andererseits verbringe ich meine Zeit mittlerweile mit einigen Sachen die auch viel Zeit beanspruchen.

Aber die Liste an Themen über die ich noch bloggen möchte wächst und vielleicht wird das dieses Jahr auch wieder etwas kontinuierliches daraus.

Die Fortsetzung vom Buch „Die Wut die wir teilen…“, das mittlerweile bei mehr als 50 Leuten im Regal steht, ist fertig. Ich habe im Moment nur keine Energie den Text noch im Detail zu überarbeiten. Aber wen es interessiert wie es mit Martin, Marie und den anderen weiter geht, dem stelle ich den Text gerne zur Verfügung.

Wie ich zuletzt hier schon geschrieben habe, arbeite ich auch an zwei weiteren großen Projekten. Das eine ist eine Utopie, dass andere eine persönliche Erzählung. Beide Projekte (ver)brauchen noch viel Zeit, Kreativität und Energie.

Stay tuned 😉

3. Auflage von „Es ist die Wut die wir teilen, aber die Liebe die uns verbindet“

„Gibt es deine Geschichte noch als Buch?“

„Warum dauert das so lange?“

„Wann geht es weiter?“

Diese und ähnliche Sätze habe ich in den letzten Monaten immer wieder gehört. Es ist Zeit für eine Antwort und ein paar weitere Worte.

Die erste Druckfassung ist vor zwei Jahren fertig geworden. Nie hätte ich gedacht den Text zwischen zwei Buchdeckeln wiederzufinden. Nie hätte ich gedacht das es eine lektorierte und layoutete Geschichte werden würde. Wie ich schon an anderer Stelle geschrieben habe, stammen die ersten Entwürfe aus dem Jahr 2008. Das heißt der Text begleitet mich seit mittlerweile acht Jahren. Acht Jahre in denen ich mich stark verändert habe. Damit wuchs auch die Geschichte die ich erzählen wollte immer weiter und veränderte sich. Auch die Protagonisten haben sich mit mir verändert. Wenn ich die gleiche Geschichte heute noch einmal aufschreiben würde, würde sie vermutlich völlig anders klingen und ausgehen. Die Protagonisten würden anders handeln. Viele Handlungen und Aussagen der Charaktere in der Geschichte würde ich heute kritisieren. Als die Rohfassung der Geschichte fertig war habe ich angefangen an einer Fortsetzung zu schreiben. Ich hatte noch zu viel zu erzählen, wollte andere Dinge beleuchten. An der Fortsetzung schreibe ich heute noch – aber sie ist fast fertig. Mammuts Energie beim Lektorat, seinem Beharren und kritischen Nachfragen ist es zu verdanken das es den ersten Teil „Es ist die Wut die wir teilen, aber die Liebe die uns verbindet.“ jetzt in einer neu lektorierten und leicht überarbeiteten Fassung gibt, die nun in den Druck geht. Vielen vielen Dank an dieser Stelle noch einmal für deinen Einsatz! Das heißt: Demnächst gibt es wieder Druckfassungen zum lesen, kritisieren, drin herum kritzeln, Seiten raus reißen oder um es ins Regal zu stellen.

Auch diese 3. Auflage gibt es erst einmal nur im Selbstverlag.

Und die Fortsetzung?

An der Fortsetzung schreibe ich mal mehr mal weniger intensiv seit zwei Jahren. Sie wird umfangreicher, wieder geht es um die gleichen Protagonisten und auch der Schreibstil hat sich ein wenig verändert. Die Handlung ist an den politischen Entwicklungen der letzten Jahre angelegt. Etwa ¾ der Geschichte die ich erzählen möchte sind bereits aufgeschrieben. Im Moment habe ich weniger Zeit zum schreiben und auch mein Anspruch an den Text ist gewachsen. Außerdem arbeite ich noch an anderen Schreibprojekten. Habt bitte noch Geduld mit mir! 🙂

Hier geht es zur (neuen) digitalen Fassung von „Es ist die Wut die wir teilen, aber die Liebe die uns verbindet.“

Gedanken zur Räumung des Refugee Protest Camp Hannover

Manchmal reibt man sich morgens beim Zeitung lesen verdutzt die Augen.

Manchmal zieht man eine Grimasse und merkt dabei wie müde die Gesichtsmuskeln noch sind. Selten aber muss man so prusten, dass sich der heiße Tee oder Kaffee über die Zeitung ergießt. Der Donnerstag morgen war genau so ein Tag. Aber springen wir ein paar Stunden zurück.

Dienstag Abend, Zwischen Feierabendbier und Bett erreicht einen die Nachricht, dass das Refugeecamp geräumt wird. Also hin da!

Vor Ort im Regen Refugees die auf ihre zerstörten Zelte schauen, resignierte und wütende Supporter die am Rande des Platzes ohnmächtig das Geschehen verfolgen.

Dieses verdammt zynische Bild vor den Augen: Die zerstörten Zelte im Matsch, Polizisten hinter Flatterband und vor dem Mahnmal für die Opfer der einst innderdeutschen Grenze.

Dann kommen die Infos: Das Camp war wegen Gesprächen zwischen Refugees und Bezirk leer. Das hatte die Polizei genutzt. Die Versammlung sei nun beendet, bis 14 Uhr am kommenden Tag soll alles entsorgt werden, sonst passiere das kostenpflichtig durch die Stadtreinigung.

Der Mittwoch Morgen. Blick auf die Zeitung, Grimasse schneiden, die vor Zorn angespannten Gesichtsmuskeln spüren. Die Räumung sei mit der Genehmigung des Ordnungsdezernenten und des Oberbürgermeisters passiert. – Bitte was? Wusste der nichts von den Gesprächen, hat er das ignoriert? Warum wurde nicht der zuständige Bezirksbürgermeister gefragt, der während der Räumung mit den Refugees zusammensaß und später am Abend ebenso sprachlos vor dem zerstörten Camp stand?

Mittwoch Mittag schaut man dann am Camp vorbei. Schon von weite, sind Müllfahrzeuge und Polizeiwannen sichtbar. Auf dem Platz Refugees, die eine symbolische Sitzblockade auf dem Platz machen. Die Müllabfuhr muss auf den Befehl des Einsatzleiters warten. Bereitschaftspolizisten haben die Refugees umstellt und keifen jeden an, der es auch nur wagt eine Fußspitze auf die Grünfläche zu setzen. Irgendwann dann beginnt die Müllabfuhr trotz Blockade die Überreste des Camps abzuräumen. Wenn man in diesem Moment in die Gesichter der eingesetzten Beamten schaut, sieht man Freude. Freude darüber wie Zeltstangen und Protestschilder im Müllcontainer landen, oder Freude auf das nun kommende?

Kurze Zeit später beginnt die gewaltsame Räumung. Die Refugees werden einzeln hochgerissen, teilweise wird auf Arme und Beine eingeschlagen, Schmerzgriffe auf Nervenpunkte angewendet und schließlich werden die Refugees mal an Armen und Beinen getragen, mal wie Leichen über den Boden geschliffen, mal einfach vorwärts geprügelt. Im Griff von zwei Beamten sackt ein Refugee zusammen und rührt sich nicht mehr. Wie ein nasser Sack wird er am Straßenrand vor die Füße der Supporter geschmissen und liegen gelassen. Die Emotionen kochen hoch. Ein weiterer Refugee wird von Freunden gestützt vom Platz getragen. Er kann einen Fuß nicht mehr aufsetzen. Um den zusammnegesackten Refugee bildet sich eine Traube von Supportern. Angst und Hilfslosigkeit ist spürbar. Er reagiert nur mäßig auf Ansprache, immer wieder werden die Augen glasig, rollen in den Höhlen. Die Beamten drängen die Unterstützer durch laute Schreie und Schubsen immer weiter zurück. Die ersten stolpern über den am Boden liegenden. Andere versuchen einen Kreis zu bilden, ihn abzuschirmen. Man wird angeschrien: „Halten sie Abstand!“, während hnter einem Caféstühle stehen und ein bewusstloser Mensch liegt, wird geschubst. Dann liegt Pfefferspray in der Luft. Nicht mal einen Meter neben dem Ort wo Menschen versuchen einen Bewusstlosen zu versorgen, wo viele Menschen durch die Beamten auf engstem Raum eingekreist sind, setzen sie Pfefferspray ein. Zwischen dieser Szenerie steht ein geschockter Refugee mit weit aufgerissenen Augen, der seine noch filmende Kamera in der zitternden Hand hält. Man hört ein Gespräch von den Beamten: „Da liegt einer.“ Pause, Blick. „Na und?“ Dann wird weiter geschubst. Nur langsam beruhigt sich die Situation als der Rettungswagen da ist und auch die anderen Verletzten, teilweise mit Hilfe der Anwohner versorgt werden können.

Später dann, als die Schülerdemo der „Jugend gegen Rassismus“ ankommt, stehen den jungen Demonstranten meherere vermummte und behelmte Einheiten der Polizei auf der Grünfläche gegenüber. Mit dabei die Reiterstaffel, die einige schon kennen, die an Montag Abenden in der Stadt unterwegs sind, die bekannt dafür ist, gerne in Menschenmengen zu reiten. Aus dem Lautsprecher der Demonstration dringt Musik. Völlig zu recht müssen sich die Beamten die gerappten Zeilen des Songs „Bulle“ von „Boykott“ anhören.

Donnerstag Morgen. Der Kaffee dampft, die Schultern schmerzen von den Schlägen der Beamten am Vortag. Zeitung auf: „Christine Kastning (SPD), ist erfreut, dass unnötige Härte vermieden wurde und die Polizei einen ‚angenehmen Umgang‘ mit den Demonstranten fand.“ Der Kaffee spritzt auf die Zeitung.

Da bleibt einem dann nur zu hoffen, dass sich die jungen Menschen der „Jugend gegen Rassismus“ die Zeilen von Boykott (nicht zu sehr) eingeprägt haben.:

Es gibt dieses schöne Wort Menschlichkeit, doch ich kenn‘ keinen Bullen, der in seinem Job menschlich bleibt und ja, jetzt fängt die Party erst an. Bei jeder Gelegenheit greifen wir an-“

Raus aus den Komfortzonen!

Da ist es wieder, das altbekannte Gefühl der Überforderung. Als wäre „da draußen“ gerade nicht schon genug Scheiße die dampft.  Und dennoch: Da ist diese leise Stimme in mir die sagt „Das habe ich euch schon damals(tm) gesagt. Davor habe ich schon vor Jahren gewarnt.“ – Dabei fühle ich mich unfassbar schmutzig.

Trotzdem ich empfinde es als wahr. Überraschend kommt das alles nicht. Aber ja, jetzt sind ja alle unfassbar überrascht, schockiert und – ja natürlich betroffen. Aber mit Betroffenheit können sich die ‚tatsächlich Betroffenen‘ nichts kaufen. Auch keine Sicherheit. Und was machen wir? Symbolpolitik, die Haare raufen, hilflos verzweifeln und uns in Zynik üben. Wäre da draußen doch mehr von Cecile Lecomte: „Wut und Empörung in positive Energie verwandeln“. Die Betroffenen unterstützen und schützen und die (geistigen) Brandstifter angreifen, ihnen nicht die Straße überlassen und ihnen ihr scheißprivilegiertes egoistisches Leben zur Hölle machen.

Und in mir drin? Diese politische Stimmung macht mir zu schaffen. Sie erzeugt Ängste. Ängste vor etwas das schon einmal Millionen Leben kostete. Ängste davor nichts dagegen tun zu können, Ängste davor zu verlieren. Den Kampf zu verlieren wohlgemerkt, nicht ein gesellschaftlichen Status oder materielle Güter.

Nacht für Nacht gibt es Brandanschläge gegen Geflüchtenunterkünfte. Nacht für Nacht fliegen die Mollis. Nacht für Nacht müssen Menschen Angst davor haben, dass ihr letztes Hab und Gut, ihre Zuflucht brennt, das sie verbrennen. An vielen Orten marschieren die Nazis dieser Tage. Sie rufen „Autonom, Militant, Nationaler Widerstand“, „BRD heißt das System – morgen wird es untergehen.“ und auch das altbekannte „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ ist dieser Tage wieder zu hören. Die patriotische WM-Euphorie, die permanent ausgespielte „nationale Souveränität“ des deutschen Staates und auch das Verständnis für den ekelhaften PEGIDA-Protest haben ein politisches Klima erzeugt in dem sich Nazis ermutigt fühlen, Mordversuche begehen und nationalsozialistische Revolution spielen.

Gestern war der 9. November, der Gedenktag der als Reichspogromnacht in die Geschichte eingegangenen Nacht in der Synagogen angezündet, jüdische Geschäfte geplündert und Jüdinnen angegriffen wurden. Am gestrigen Tag überwogen bei mir zuerst die eingehenden Meldungen über Gedenkveranstaltungen, symbolisches reinigen der Stolpersteine, vereinzelt auch mahnende Worte mit Bezug auf die aktuelle politische Situation. Trotzdem merkte ich tief in mir ein ungutes Gefühl. An diesem Abend sollten in Braunschweig, Dresden, Duisburg und anderen Städten erneut Rassist*innen auf die Straße gehen. Auch an diesem geschichtsträchtigen Tag. Dann kamen die Meldungen aus Dortmund, die Provokationen der Dortmunder Neonazis bei der lokalen Gedenkveranstaltung. Sie riefen dort „Nie wieder Israel“ und zeigten die Reichsflagge. Es folgten Meldungen über Schändungen von Gedenksteinen und -tafeln aus dem ganzen Bundesgebiet. Am Abend kam es in Duisburg zu Angriffen auf den Gegenprotest durch Nazis, in Dresden wurde der „Deutsche Schuldkult“ von Tatjana Festerling für beendet erklärt und Gegendemonstranten an der Synagoge attackiert.

Klar, mehr als 500 gezählte rechte Straftaten und brennende Unterkünfte bedeuten nicht, dass hier morgen ein starker Führer kommt und wieder alle euphorisch in den Krieg ziehen und Völkermord begehen, aber mir scheint wir alle stehen an der Schwelle zu einem neuen Jahr das weitreichende politische Folgen haben wird. Und wir alle, ob als politische Gruppe, Bezug, Freundeskreis und jede*r für sich muss sich darüber bewusst werden welche Rolle jede*r für sich in diesem Abwehrkampf einnimmt. Dabei darf es nicht dazu kommen das wir uns über die richtigen Mittel zerstreiten und spalten lassen sondern müssen uns über unsere Gemeinsamkeiten bewusst werden und diese gegenseitig schätzen.

Wir dürfen nicht abwarten bis die Folgen dieser Gefahr in unsere Komfortzonen, unsere Kieze, Projekte, Zentren und WGs hineingetragen werden und den Kampf dort aufnehmen wo er stattfindet.

Deutschland, du mieses Stück Scheisze!

Wenn dieser Blog eine tatsächliche Kontinuität hat, dann ist es die, dass ich in den letzten Monaten und Jahren immer wieder meine Gedanken zur rassistischen Mobilisierung und rechten Übergriffen niedergeschrieben habe.

Vor etwas mehr als zwei Jahren schrieb ich einen Text kurz vor der Wahl und kotzte mich darin über die damals einsetzende rassistische Mobilisierung der „Nein zum Heim“-Kampagnen und der Rethorik im Wahlkampf aus. Damals war zeitgleich der NSU in den Medien und die in Aktion tretende Refugee Movement. Ich schloss den Text damals mit den Worten „Wer braucht da noch Nazis?“

Damals konnte ich nicht ahnen das PEGIDA entstehen würde. Ich hätte mir nicht träumen lassen das wir 50 rechte Straftaten pro Tag und 2-3 (versuchte) Brandanschläge auf Geflüchtetenunterkünfte verzeichnen müssten.

In einem weiteren Text verknüpfte ich meine persönliche Situation mit den politischen Ängsten, die in diesem Text vorherrschende war, das ich den Überblick über die rechten Über/Angriffe verliere.

Anfang 2015 schrieb ich unter dem Eindruck der ersten PEGIDA-Demos einen Text und schlug einen Bogen vom auffliegen des NSU und den ersten „Nein zum Heim“-Demos über den Patriotismus während der WM zurück zu PEGIDA.

Im August diesen Jahres folgte ein Beitrag zwischen PEGIDA, HoGeSa, Freital und einer GoogleMap mit Geflüchtetenunterkünften.

Warum diese Aufzählung? Gefühlt habe ich schon alles geschrieben, immer wieder zurück geblickt, ansatzweise für mich die Ereignisse und Eindrücke chronologisiert.

Klar, ich könnte an dieser Stelle noch von Heidenau schreiben, könnte die Brandanschläge dieser Woche aufzählen, aber das wird an anderer Stelle viel detaillierter gemacht.

Was bleibt ist die Ohnmacht und Fassungslosigkeit. Heute wurde die Verschärfung des Asylrechts mit den Stimmen der CDU/SPD-Regierung mit Hilfe der Enthaltung der Grünen durchgewunken. Die Straßen sind heute Nacht nicht mit darüber empörten Menschen gefüllt.

Es ist Mitte Oktober, die Tage sind kalt und regnerisch, die nächtlichen Temperaturen gehen an den Gefrierpunkt. Mehr als 40.000 Geflüchtete müssen bei diesen Temperaturen in Zelten schlafen.

Deutschland, du mieses Stück Scheisze!

Rassistische Mobilisierung – Eine Bestandsaufnahme und Gedankenstütze

„Es ist 2014, hat sich viel verändert? Eigentlich nicht wirklich!“, rappt Johnny Mauser im Song „2014“ von Neonschwarz. Schon einmal, nämlich vor acht Monaten, habe ich einen Blogpost mit diesem Song eingeleitet. Eine kurze Zusammenfassung und Bestandsaufnahme.

Den Text Anfang des Jahres schrieb ich bewegt von der rassistischen „PEGIDA“-Mobilisierung und den Ereignissen rund um die „Hooligans gegen Salafisten.“ Schon im Laufe des Jahres 2014 war der Anstieg der Anschläge auf Geflüchtetenunterkünfte deutlich erkennbar.Im letzten Jahr lag der Schwerpunkt der Nazis auf der lokalen Hetze gegen Heime. „Nein zu Heim“-Proteste über das Land verstreut, organisiert durch führende Nazis bildeten den Anfang einer rassistischen Hetze unter Ausnutzung stereotyper Vorurteile. Dann legten rechtspopulistische Gruppen zusammen mit der „Alternative für Deutschland“ eine eher kleinere homophobe Kampagne für konservative Werte und gegen den sogenannten „Gender Mainstream“ nach. Rechtspopulisten, Neurechte, fundamentalistische Christen und CDU-Anhänger liefen mit Luftballons durch mehrere Städte.

Schließlich zogen „Hooligans gegen Salafisten“ randalierend durch Köln und versammelten sich einige Monate später in Hannover. Im Endeffekt versuchte PEGIDA, insbesondere in Dresden und Leipzig diese neurechten Proteste unter einem Label zu einen. Auch wenn mittlerweile nachgewiesen wurde, dass die enorm hohen Teilnehmerzahlen nicht der Wahrheit entsprechen, sorgte die durch die Demos ausgelöste Debatte dafür, dass sich Bundespolitiker mit den Köpfen von PEGIDA trafen, Verständnis ausdrückten oder sich hinter ihre Forderungen stellten. Anfang 2015 diskutierten die Köpfe der rassistischen Mobilisierung mit Bundespolitikern in diversen Talkshows. Die so erzeugte rassistische Grundstimmung ließ die Anzahl der Anschläge auf Geflüchtetenunterkünfte weiter steigen. Zum „Tag der Arbeit“ – seit einigen Jahren ein Tag den Nazis für sich vereinnahmen wollen – marschierten die „Hooligans gegen Salafisten“ in Erfurt auf, während sich die militante Rechte in Saalfeld an einer Demonstration der Nazi-Partei „ 3. Weg“ beteiligte. Nachdem mehrere (im Bau befindlichen) Geflüchtetenunterkünfte in wenigen Tagen abbrannten, interessierten sich die Medien für das Phänomen. Von nun an fanden sich die Meldungen über brennende Unterkünfte nicht mehr auf Seite Drei in den Lokalteilen der Zeitungen, sondern auch in der überregionalen Presse. Hier wurden oft Agenturmeldungen mit einem abschließendem Statement der Polizei übernommen. „Die Polizei geht von Brandstiftung aus. Hinweise auf eine fremdenfeindliche Tat liegen nicht vor.“ Im Juli wurde „Freital“ zum Begriff für eine rassistische Mobilisierung durch Nazis und Anwohner – selbst internationale Medien griffen die Bilder des hasserfüllten Mob aus Nazis und rassistischen Anwohnern vor der Unterkunft auf.

Im Ende Juli kam es zur Mobilisierung gegen eine Notunterkunft in Dresden und Angriffe auf solidarische Menschen davor. Nachts schossen Nazis Feuerwerkskörper auf das Gelände.

Im August tauchte eine Google Maps-Karte auf, auf der für alle abrufbar hunderte Unterkünfte markiert worden waren. Auf diverse gab es in der Vergangenheit oder in den Tagen danach Anschläge. In diesen Wochen stöhnen Kommunen wegen der steigenden Aufnahmequote medienwirksam auf und scheitern vermeintlich Behörden an der angemessenen humanitären Versorgung der ankommenden Geflüchteten.

Disclaimer: Der Text erfasst selbstverständlich nicht alle Vorfälle und lässt geopolitische Ereignisse völlig aus. Mir ging es beim schreiben um eine Gedankenstütze.

Der Lynchmob ist krank vor Neid auf das 5-Sterne Hotel im Asylantenheim

„Der Lynchmob ist krank vor Neid auf das 5-Sterne Hotel im Asylantenheim“, rappen K.I.Z in ihrem neuen und noch nicht indizierten Track „Bom Boom Boom“.

„Ich habe mich geschämt.“, sagt sie. Wir sitzen im Garten. Die Nachmittagsonne scheint. Vögel zwischtern. Der Duft von Kaffee und frisch gemähten Rasen liegt in der Luft. Irgendwo nebenan wird ein Grill angefeuert. Bürgerliche Idylle. „Ich habe mich wirklich geschämt“, wiederholt sie. Dann erzählt sie von einem Samstag Morgen in der Geflüchtetenunterkunft. Das Frühstück wird von freiwilligen Helfer*innen verteilt. Es gibt Toast (ungetoastet), Butterkäse, Marmelade (nur mit Gelantine) und Wurst – ein bisschen Hähnchen, viel Schwein. Bevor die Essensausgabe beginnt werden die Helfer*innen noch einmal daran erinnert darauf zu achten, dass pro Scheibe Toast nur ein Stück Belag ausgegeben wird. Margarine gibt es nur in kleinen Plastikschälchen. Kaffee und Tee in Jugendherbergsqualität. Zur Essensausgabe an diesem Morgen sind sie zu dritt. Viele der Lebensmittel kommen aus akquirierten Spenden der Helfer*innen. Zur Stoßzeit wird es so voll, dass ein Sicherheitsmann mit verteilen muss. Sie kommt mit ihm ins Gespräch. Der Träger des Heimes hatte vor kurzem hervorgehoben das sich die Klassenzimmer in dem ehemaligen Schulzentrum hervorragend als Schlafräume eignen würden. Als sie das erwähnt, berichtet er das diese mittlerweile doppelt belegt sein.

Nach dem Frühstück führt er sie eine Treppe hinauf. Sie stehen im Technikraum oberhalb der Sporthalle. Durch ein verstaubtes Fenster kann sie hinunter schauen. Dicht an dicht stehen Feldbetten. Zwischen den Liegen ist teilweise nicht mal ein Meter Platz, Es ist unglaublich stickig. In den Gängen zwischen den Feldbetten drängen sich verschlafene Gesichter. Vor den beiden „Badezimmern“, den Umkleidekabinen mit Duschen steht eine lange Schlange Menschen und wartet darauf die Morgentoilette verrichten zu können. Als sie sich auf den Rückweg macht trifft sie einen Refugee vor dem Eingang. Er ist zum Sprachkurs gekommen. Aus seiner Containerunterkunft aus einem kleinen Dorf 20 Kilometer entfernt. Um pünktlich da zu sein ist er um 5 Uhr aufgestanden und schon eine Stunde zu Fuß zum nächsten Bahnhof gelaufen. Das Ticket für die Fahrt hat er aus der eignen Tasche bezahlt. Er begrüßt sie auf deutsch mit mit „Guten Morgen! Danke das sie hier sind um uns zu helfen.“

Als der Track von KIZ aus meinem Handy die nachmittägliche Stille durchbricht lächelt sie. „Mach mal lauter. Das Lied sollten hier mal mehr Leute hören.“